53 Ja-Stimmen gegen zwölf Nein-Stimmen. So sah damals das Ergebnis der Abstimmung des Parlamentarischen Rats über das neue Grundgesetz aus. Doch wie würde ein Meinungsbild der Bevölkerung heute aussehen? Heute nach 70 Jahren Stabilität und Frieden? Das hinge wahrscheinlich besonders mit der Einschätzung der Zukunftsfähigkeit des Grundgesetzes zusammen.

Wir haben uns in der Diskussionsrunde #InGuterVerfassung mit genau dieser Leitfrage auseinandergesetzt. Ist unser Grundgesetz nach 70 Jahren Bundesrepublik und fast 30 Jahren Wiedervereinigung noch auf der Höhe der Zeit? Dazu haben wir neben zahlreichen Mitdiskutant*innen aus Schulklassen und etlichen Privatpersonen unsere Gäste der Initiativen „Kleiner fünf e.V.“, „Amnesty Jugend“, „Mehr Demokratie e.V.“ und den Grünen-Politiker Benedikt Lux aus dem Abgeordnetenhaus von Berlin befragt.

Doch nicht zur die Zukunftsfähigkeit unserer Verfassung stand im Zentrum der Diskussion. Auch folgende Diskussionspunkte wurden kontrovers und leidenschaftlich diskutiert:

„Was macht unser Grundgesetz so einzigartig – auch im Vergleich zu anderen Verfassungen?“; „Kann die Erfolgsgeschichte des Grundgesetzes weitergehen?“; „Was für zeitgemäße Antworten gibt es auf Themen wie Digitalisierung und Klimawandel?“; „Wie ist mit antidemokratischen Tendenzen und Gegnern des Grundgesetzes am Besten umzugehen?“; „Wie steht es um direktdemokratische Elemente auf Bundesebene, die ja ursprünglich im Zeichen der Weimarer Erfahrungen bewusst ausgeklammert wurden?“; „Wie ist die Veränderung der Parteienlandschaft zu beurteilen und welche Vor- sowie auch Nachteile für unsere Demokratie könnten damit verbunden sein?“, „Welche speziellen Herausforderungen kann es in Zukunft geben (bspw. bei der Wahl der Bundeskanzlerin und der Rolle des Bundespräsidenten)?“; „Wie wirken sich multilaterale Bündnisse und Organisationen und internationale Herausforderungen wie Terrorismus, Klimawandel und Handelsabkommen auf das Grundgesetz und seine Bedeutung in Zukunft aus?“, „Wäre es sinnvoll gewesen, 1990 vom Artikel 146, GG Gebrauch zu machen und kurzerhand eine gesamtdeutsche Verfassung zu erarbeiten?“ und natürlich „Wie steht das Grundgesetz zu ‚Fridays for future‘, wo es doch ein allgemeines Grundrecht auf Versammlung und Demonstration und zeitgleich eine, an die Länder delegierte, Mahnung zur Schulplicht gibt – wie also das Abwägen von zwei Grundrechten geschieht?“

Bei all diesen Fragen verhinderte die Zeitspanne von 90 Minuten an so mancher Stelle tiefe Diskussionen und Streitgespräche. Doch besonders der Aspekt von bundesweiten Plebisziten wurde ausgiebig diskutiert. Einen Konsens gab es jedoch vor allem in einem Punkt: Unser Grundgesetz ist eine gute Verfassung und ein wichtiger Grund für die Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Doch es bedarf einer ständigen Debatte um die Zukunftsfähigkeit und damit verbundenen Verfassungsänderungen, um die Weiterentwicklung zu gewährleiten. Wichtig ist, dass wir und unsere Grundrechte vom Grundgesetz geschützt sind und dies auch bleiben, um jedem Bürger und jeder Bürgerin ein menschenwürdiges Leben in Freiheit zu garantieren.

Bei der zukünftigen Debatte und beim gesellschaftlichen Engagement für einen starken, demokratischen und pluralistischen Rechtsstaat bedarf es unserer aller Hilfe – in der großen Politik und im alltäglichen Leben.

Text: Yassin Handke

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